Aus Angst vor Asylunterkunft? Heimkinder in Bennewitz müssen Schullandheim verlassen

Quelle: LVZ

Im Schullandheim von Bennewitz (Kreis Leipzig) leben derzeit acht sächsische Kinder in einer heilpädagogischen DRK-Wohngruppe. Um sie dort weiter zu betreuen, hätte der Gemeinderat den Flächennutzungsplan ändern müssen. Er lehnte ab – aus Sorge vor einer angeblichen Asylunterkunft?

Diese Entscheidung hat Folgen für acht sächsische Kinder aus Problemfamilien: Der Gemeinderat Bennewitz hatte in seiner jüngsten Sitzung eine Umnutzung des Schullandheimes für die heilpädagogische Wohngruppe „Am Planitzwald“ des DRK-Kreisverbandes Muldental abgelehnt. Bereits seit Februar wohnen hier acht Kindern zwischen acht und 14 Jahren aus teils zerütteten Familien, die in der heilpädagogischen Gruppe betreut werden. Da aber der gegenwärtige Flächennutzungsplan das Gelände für Erholungs- und nicht für Wohnzwecke ausweist, sah sich Bennewitz gezwungen, einen neuen Beschluss zu fassen.

Aus diesem Grund, so DRK-Vorstandsvorsitzende Bettina Belkner, habe es im Vorfeld zwischen dem Landkreis als Eigentümer des Areals und der Gemeinde Bennewitz mehrere Gespräche gegeben. Dabei hätte die Kreisbehörde sogar die Übernahme der Kosten für den neuen Flächennutzungsplan zugesichert. Dass der Gemeinderat nun dennoch mit Nein votierte, enttäuscht Belkner. Sie zeigte sich im Nachgang der Ratssitzung „fassungslos vom Rauswurf“.

DRK: „Unbegründete Angst“ vor Flüchtlingen

Als Grund für die Ablehnung wird beim DRK eine „unbegründete Angst“ vor Flüchtlingen vermutet. Tatsächlich hatte das DRK zwischen November 2022 und Februar 2023 das Gebäude genutzt, um dort 14 minderjährige Asylsuchende unterzubringen. Es sei nun aber „absolut falsch“, erneut eine solche Unterkunft in Bennewitz zu schaffen, betonte das DRK am Freitag auf Nachfrage. Das Schullandheim sei für solche Gruppen ungeeignet, daher seien die jungen Flüchtlinge ja auch zu Jahresbeginn in andere Orte verlegt worden. Mittlerweile reagiert auch das Landratsamt auf die Entscheidung im Gemeinderat Bennewitz in einer gemeinsamen Pressemitteilung mit dem DRK. Darin heißt es unter anderem, dass der Standort des Schullandheimes keineswegs dafür vorgesehen war, Asylsuchende unterzubringen.

Gruppe machte auf Telegram Stimmung gegen das DRK

Trotzdem kursierte genau diese Behauptung seit Tagen im Messaging-Dienst Telegram. Eine Gruppe namens „Muldental steht auf“ behauptet, dass das Deutsche Rote Kreuz erst vor Kurzem mit Unterstützung des Kreisverbandes Muldental in Taucha ein nicht ausgelastetes bewohntes Seniorenheim dauerhaft für Flüchtlinge nutzen wollte – Zitat: „Nun versuchen sie es offenbar im beschaulichen Bennewitz“.

DRK-Vorstand Belkner widerspricht auf LVZ-Nachfrage energisch: Es handele sich um eine Falschinformation und Stimmungsmache. „Das eine solche Quelle mit derartigen Aussagen in unserer Gesellschaft kommentarlos für bare Münze genommen und eine Richtigstellung einfach ignoriert wird, sagt viel über die derzeitige politische Lage aus.“

In Bennewitz selbst wird der Vorwurf zurückgewiesen, man sei aus Angst vor den Gerüchten über eine Asylunterkunft eingeknickt. Gleichwohl habe man aber im Vorfeld Druck gespürt. Angesichts von Ankündigungen auf Telegram, gegen eine neue Asylunterkunft mobil zu machen, hatte die Landkreis-Beigeordnete Ines Lüpfert den Bennewitzer Bürgermeister Bernd Laqua (parteilos) wenige Tage vor der Ratstagung benachrichtigt. „Daher habe ich die Polizei informiert, die dann auch die Sicherheit vor Ort gewährleistete“, so Laqua. Wie der Rathauschef auf Nachfrage weiter mitteilte, habe der Gemeinderat aber keineswegs den Flächennutzungsplan abgelehnt, sondern vielmehr den Aufstellungsbeschluss. „Denn dieser hätte erst einmal untersucht, ob wir überhaupt den Flächennutzungsplan ändern dürfen.“

Bürgermeister: Verständnis für das Veto im Gemeinderat

Zugleich bestätigte Laqua, dass intensive Gespräche mit dem Landratsamt erfolgten, jedoch „positive Signale“ von dort aus seiner Sicht fehlten. Insofern habe er Verständnis für das mehrheitliche Veto der Abgeordneten. Letztlich müsse das Gremium aus fachlicher Sicht eine Entscheidung treffen. Den Rat jetzt als Buhmann hinzustellen, sei der falsche Weg. Außerdem werde seine Kommune die Suche nach einem geeigneten Objekt für die Heimkinder unterstützen und sich nach einem anderen Gebäude in der Kommune umschauen.

Aus Sicht Belkners ist es dennoch „unsäglich, wenn hilfsbedürftige sächsische Kinder ihr Zuhause verlieren, nur weil es eine unbegründete Angst gibt“. Wie es nun weiter geht, weiß die DRK-Chefin nicht. „Momentan sind wir in einem engen Austausch mit dem Landkreis. Dieser sucht mit Hochdruck nach einer Lösung, die uns Zeit verschafft, eine alternative Unterbringungsmöglichkeit zu organisieren.“ Jedoch sei es eine große Herausforderung, praktisch über Nacht geeignete Räumlichkeiten zu finden, in denen das Wohl der Kinder gewährleistet werden könne.